Wie Global Mobility das Arbeitsleben in der Steuerkanzlei weiter verändert

Welche Bedeutung hat Global Mobility wirklich?
Wie Global Mobility das Arbeitsleben in der Steuerkanzlei weiter verändert

Global Mobility bietet spannende Karrierechancen, bringt aber auch steuerliche, rechtliche und soziale Risiken für Arbeitnehmer:innen. Erfahre, welche Fallstricke im Ausland lauern und wie du dich mit den richtigen Absicherungen vor finanziellen Verlusten und Unsicherheiten schützt.

Gerade zu Zeiten der Pandemie sind sehr viele Leute in den Genuss von Homeoffice oder sogar Workation – wenn es möglich war – gekommen. Für einige ist das einstige Privileg zur Selbstverständlichkeit oder gar Anforderung geworden. Das stellt Kanzleien und Arbeitgebende vor viele Herausforderungen.

1. Was bedeutet Global Mobility?

,,Global Mobility“ umfasst alle Aspekte der internationalen Mitarbeitendenmobilität. Das bedeutet zum Beispiel den zeitweisenden oder dauerhaften Aufenthalt von Mitarbeitenden im Ausland. Dies betrifft unter anderem Dienstreisen, grenzüberschreitende Projekte oder remote work.

In diesem Kontext geht es also nicht nur um Steuern. Auch Arbeitsrecht, Sozialversicherung, Vergütung und Benefits greifen in das System ein. Wir werfen einen Blick drauf.

2. Warum ist das Thema so aktuell?

Das hat viele Gründe. Mitunter entscheidend ist der globale Fachkräftemangel, viele Firmen entscheiden sich dahingehend für eine internationale Rekrutierung und ermöglichen Fachkräften, vollständig aus dem Ausland zu arbeiten.

Auch ein Faktor sind die Konzernstrukturen, denn große Unternehmen haben häufig internationale Teams aus vielen Ländern. Das führt unter anderem zu regulatorischen Verschärfungen. Finanzämter weltweit prüfen stärker, ob durch mobiles Arbeiten Betriebsstätten oder steuerliche Verpflichtungen entstehen.

3. Steuerliche Herausforderungen

Einkommenssteuer:

  • In welchem Land ist das Einkommen zu versteuern?
  • Grundprinzip: Wohnsitz- und gewöhnlicher Aufenthaltsstaat/Tätigkeitsstaat
  • Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) regeln, wie Einkommen verteilt wird
  • Gefahr: ohne Planung kann es zu Doppelbesteuerung kommen

Sozialversicherung:

  • Geklärt durch bilaterale Abkommen oder EU-Recht (A1-Bescheinigung).
  • Herausforderung: Doppelbeiträge vermeiden (z. B. Rentenversicherung in zwei Ländern).

Lohnsteuer & Payroll:

  • Unternehmen müssen ggf. im Ausland Lohnsteuer anmelden und abführen
  • Payroll-Systeme müssen internationale Regelungen berücksichtigen.

Betriebsstättenrisiko:

  • Wenn ein Expat im Ausland arbeitet, kann er für das Unternehmen dort eine steuerliche Betriebsstätte begründen → hohe Risiken für Unternehmen.

4. Besondere steuerliche Regelungen

  • 183-Tage-Regel: Die 183-Tage-Regel ist eine Regelung, die in vielen Ländern Anwendung findet und in vielen Doppelbesteuerungsabkommen verankert ist. Diese besagt, dass eine Person, die weniger als 183 Tage im Jahr in einem bestimmten Land verbringt, nicht als steuerpflichtige Person dieses Landes betrachtet wird. Jedoch wird sie oft falsch verstanden, denn: Sie gilt nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind (Arbeitgeber im Heimatland, keine Betriebsstätte im Tätigkeitsland etc.).
  • Steuerfreie Auslandszulagen: Manche Staaten gewähren Freibeträge oder sogenannte „Tax-Equalization“-Modelle (zu Deutsch Hypotax), eine fiktive Steuer vom Einkommen eines ins Ausland entsandten steuerpflichtig beschäftigten Arbeitnehmers im Heimatland. Die Hypotax entspricht dem Steuerbetrag eines ins Ausland entsandten Mitarbeiters, welchen dieser im Heimatland hätte entrichten müssen.
  • Tax Equalization / Tax Protection: Unternehmen übernehmen die Mehrsteuerbelastung ihrer Mitarbeiter im Ausland, um Attraktivität zu sichern.

5. Risiken & Fallstricke

Die Global Mobility beinhalt auch viele Risiken und Fallstricke, auf die es zu achten gilt. Dazu gehört die ungeplante Steuerpflicht, die zum Beispiel durch Homeoffice-Tage im Ausland greift. Auch die fehlerhafte Payroll, also Strafen für Arbeitgeber, wenn die Lohnsteuer im Ausland nicht abgeführt wird.

Und auch die Image- bzw. Mitarbeitendenbindung kann zu Schaden kommen: eine schlechte Steuerplanung kann zu finanziellen Verlusten für Expats führen und die Attraktivität des Arbeitgebers deutlich schmälern.

6. Trends & Entwicklungen:

  • Hybrid-Work-Policies werden immer häufiger angewendet: Unternehmen entwickeln hierbei Richtlinien, wann und wie Auslandseinsätze für Arbeitnehmende erlaubt sind.
  • Digitalisierungen: Softwarelösungen für Global Mobility (z.B. Tracking von Aufenthalten, automatische DBA-Prüfung)
  • Strengere Kontrollen: Finanzbehörden nutzen Datenabgleiche (z.B. Flugbewegungen oder Sozialversicherungsdaten)
  • Steuerliche Attraktivitätsprogramme: Einige Länder locken Fachkräfte mit günstigen Steuerregeln
  • Klimabewusstsein & Nachhaltigkeit: Unternehmen prüfen, ob eine virtuelle Zusammenarbeit statt Reisen möglich ist – steuerlich interessant, da dadurch weniger Betriebsstättenrisiken bestehen.

7. Chancen für Kanzleien und Fachkräfte

  • Neue Beratungsfelder: Steuerkanzleien haben die Chance, Global-Mobility-Services anzubieten (Payroll, DBA-Analyse, Steuererklärungen für Expats)
  • Karrierechancen: Fachkräfte mit Know-How in Expat-Steuern sind stark gefragt
  • Kanzleiwachstum: Spezialisierung auf internationales Steuerrecht/Expatriate Tax Services kann Kanzleien differenzieren
  • Mandant:innen-Bindung: Unternehmen, die international tätig sind, suchen nach kompetenter Begleitung

8. Vorteile und Risiken für Arbeitnehmende

Vorteile:

  • Karrierevorteile & internationale Erfahrung: Auslandseinsätze sind in vielen Branchen ein Plus im Lebenslauf und Führungskräftekarrieren profitieren stark von interkultureller Erfahrung.
  • Finanzielle Vorteile: Manche Staaten locken mit Steuervergünstigungen oder niedrigeren Lebenshaltungskosten und Unternehmen übernehmen oft Kosten für Unterkunft, Umzug oder Steuern (Tax Equalization).
  • Flexibilität & Lebensqualität: Möglichkeit, Arbeit und Reisen zu verbinden („Workation“), dazu Vereinbarkeit von Familie/Beruf durch Nähe zu Angehörigen im Ausland.
  • Netzwerk & Kompetenzen: Aufbau eines internationalen beruflichen Netzwerks. sowie Sprach- und Kulturkenntnisse als Wettbewerbsvorteil.

Risiken:

  • Steuerliche Fallstricke: Gefahr der Doppelbesteuerung, wenn Einkommen nicht korrekt deklariert wird.
  • Sozialversicherung: Gefahr doppelter Beiträge oder Verlust von Rentenansprüchen, wenn Versicherungszeiten nicht angerechnet werden, und unterschiedliche Krankenversicherungsleistungen im Ausland.
  • Arbeitsrechtliche Unsicherheiten: Unterschiedliche Kündigungsfristen, Urlaubsregelungen oder Arbeitszeitgesetze sowie das Risiko, dass der Arbeitsvertrag im Ausland nicht rechtskonform ist.
  • Fehlende Absicherung bei Krankheit/Unfall: Auslandskrankenversicherung oft unzureichend, wenn nicht explizit erweitert und Lücken in Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherung.
  • Administrative Pflichten & Strafen: Meldepflichten bei Behörden (z. B. Wohnsitz, Steuer-ID) und Bußgelder oder Nachzahlungen, wenn Pflichten ignoriert werden.
  • Generelle Karriererisiken: „Out of sight, out of mind“: Gefahr, dass man im Unternehmen weniger sichtbar ist und Wiedereinstieg nach Rückkehr kann schwieriger sein.

9. Fazit

In der Zeit der stetigen Globalisierung, in der wir uns befinden, wird das Thema Global Mobility stets heiß bleiben. Leute wollen – auch und vor allem – in ihrem Berufsleben die Freiheit von remote work genießen und sich nicht zwingend auf einen Arbeitsplatz festlegen müssen.

Wer früh Mitarbeitende hinsichtlich remote work und eventuell, je nach Möglichkeit, Global Mobility fördert, hat gute Chancen, sich der Konkurrenz gegenüber einen großen Vorsprung zu verschaffen.

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